Hatten Sie noch nie die Nase voll von der Schweiz, Herr Gaus?
Tatsache ist, dass wir uns in der Schweiz schwerer tun als im Ausland. Das liegt auch daran, dass hier kaum industrielles Agrobusiness betrieben wird. Es fehlt das Alleinstellungsmerkmal gegenüber der konventionellen Landwirtschaft. In der Schweiz sind eigentlich alle Bauern Urban Farmers.
Trotzdem haben Sie es letztes Jahr in Wallisellen ein neues Projekt gestartet. Wie läuft es auf dem Zwicky-Areal?
Das Projekt ist in der Schwebe. In den letzten Wochen mussten wir viele schwierige Gespräche mit Investoren und Mitarbeitern führen. Ob das Projekt tatsächlich realisiert wird, entscheidet sich erst in ein paar Wochen.
Deutlich besser läuft es im Ausland...
Ja, eindeutig. Zwei Drittel unserer Belegschaft arbeitet in den Niederlanden. In Den Haag betreiben wir die grösste kommerzielle Rooftop-Farm Europas mit eigenem Café und Shop für Gemüse und Fisch. Ausserdem betreuen wir auf Führungen und Events pro Woche um die 5‘000 Gäste. 50 Prozent unserer lokalen Umsätze kommen aus den Bereichen Services und Hospitality.
Wie ist das Modell in Den Haag finanziell aufgesetzt?
Wir arbeiten mit lokalen Investoren zusammen. In den Niederlanden haben private Investoren 2.7 Millionen Euro eingeschossen. Das Projektmanagement und die Aktienmehrheit liegen aber immer in unserer Hand.
Gestartet haben Sie aber als Technologieunternehmen. Wie kam es zur Umorientierung?
Unser Geschäftsmodell hat sich zweimal grundlegend geändert. Als wir starteten, waren wir ein reines B2B-Unternehmen, das eine Technologie verkaufte. Wir mussten aber schnell feststellen, dass Kunden wie die Migros zwar unsere Produkte wollten, aber keine Lust hatten, die Farm zu betreiben. Deshalb übernahmen wir auch den Betrieb. Jetzt läuft auch der Absatz über die Dachmarke Urban Farmers. So sind wir zu einem Lifestyle-Brand geworden.
Eine lange Reise. Was hätten Sie im Rückblick anders gemacht?
Schon die Gründung würde ich anders angehen. Wir hatten damals niemanden im Gründerteam, der sich mit der Kommerzialisierung von neuen Technologien auskannte. Es dauerte sehr lange, bis Markt und Produkt zusammenpassten. Jetzt müssen wir lernen, als Lifestyle-Brand aufzutreten. Zum Beispiel indem wir mit Bloggern und Influencern aus den Bereichen Lifestyle und Food zusammenarbeiten.
Wie sehen die weiteren Pläne von Urban Farmers aus?
Wir expandieren in zwei hochinteressante Märkte. Der brasilianische Biomarkt wächst pro Jahr um die 30 bis 40 Prozent, gleichzeitig hat das Land aber keine eigene Bioproduktion. Dort haben wir bereits lokale Investoren gefunden. Die Projektrealisation ist also nur eine Frage der Zeit. Der zweite Schwerpunkt liegt in China. Dort wird es bald mehr als 200 Städte mit mehr als einer Million Einwohner geben. Ausserdem will China zum Weltmarktführer punkto Nachhaltigkeit werden.
(Bild:ZVG)